Wappen von Zechin

Die ehemalige Moor-Kurstadt Bad Schönfließ

(Trzcinsko Zdrój)

 

 

Tadeusz Kolucki

Trzcinsko Zdrój (Bad Schönfließ) – eine kleine zauberhafte Stadt, im Südosten des Kreises Gryfino (Greifenhagen) gelegen. Sie war die Perle des ehemaligen Kreises Königsberg in der Neumark. Ich möchte den Lesern einen kurzen Abriss von der Entstehung und dem Funktionieren des ehemaligen Moorbades geben, das am wunderschönen Stadtsee gelegen ist.
Der einheimische Arzt Dr. Bading entdeckt im Jahre 1895 die Heileigenschaften des „Faulen Bruchs“, wie ihn die Einheimischen nennen. Die entnommenen Proben packt er in eine Kiste und schickt sie zu einem Chemielabor in Stettin. Die Untersuchungen haben erstaunlich erfolgreiche Ergebnisse ergeben: Bei 100 Grad C enthält das Moor:

Humussäure 42,29% Siliziumsäure 4,33%
Kalzium 23,52%   Kohlensäure 20,30%
Eisenoxyd 1,24%      
Schwefelsäure 1,32%      
Moorbad

Außerdem enthält die Moorerde: Magnesium, Kalium, Natrium, Chlor, Phosphor- und Schwefelsäure in verschiedenen Formen. Hier überwiegt vor allem Schwefelgehalt, wobei das Kurhaus zuerst „Schwefel-Moor-Bäder“ angeboten hat, erst später hat man den Gehalt des Eisens mehr hervorgehoben.
Die ersten Moorbäder wurden am 9. Oktober 1897 in dem lokalen Krankenhaus durchgeführt, es war jedoch nur eine Ersatzlösung, es sollte eine richtige Kurstätte entstehen! Die damaligen Ratsherren mit dem Bürgermeister an der Spitze und dem Initiator des Baues Herrn Dr. Bading begannen mit dem Bau der Kurstätte auf der Halbinsel des Sees, dem sogenannten Kirschwall.
Der Bau des Badehauses wurde schon im Jahre 1898 vollendet, den Maschinenraum hat die Firma Panksch aus Landsberg eingebaut und das einfache Fachwerkgebäude stammt von Puhlemann, einem Unternehmer aus Schönfließ. Die Fassade des Gebäudes war der Stadtmauer zugewandt, mit der Zufahrt zum Maschinenraum. An der Vorderseite vor dem Gebäude hat man verschiedene Büsche und Bäume eingepflanzt, es entstand eine Grünanlage mit Gehwegen.
Im ersten Jahr hat man schon 124 Kurgäste mit Bädern versorgt. Die Arbeitseinrichtungen haben sich jedoch als zu klein erwiesen, weil es nur sechs  Badekabinen und zwei Ruheräume gab. Deshalb hat man 1903 erstmals die Vorderveranda eröffnet, so entstanden weitere Kurräume. Danach, im Jahr 1904, hat man mit dem Bau des Südflügels begonnen, dadurch entstanden zwei neue Badekabinen und zwei Ruheräume, was das Trennen der Kabinen und der Ruheräume ermöglichte, getrennt für Frauen und Männer.

Bild 2bild 3

Trotz dieser Verbesserungen hat sich die Zahl der Kurgäste nicht erhöht: 1898 waren es 1.968 Bäder für 124 Kurgäste, 1899 2.601 Bäder für 197 Kurgäste, 1900 1.853 für 149, 1901 2.253 für 167, 1902  2.479 für 156, 1903 2.567 für 195, 1904 2.833 für 228, 1905  3.969 für 280 Badegäste.
Der Stadtrat wollte die Kurstätte schließen, nachdem er die geringe Zahl der Kurgäste gesehen hat, und anstelle des Maschinenraumes wollte er ein Stadtkraftwerk errichten. So hat man also im Jahr 1906 die Kurstätte der Berliner Firma Krebs & Siewert verkauft, der Betrieb wurde in eine Aktiengesellschaft umwandelt. Mit den neuen Eigentümern kehrte ein Erneuerungshauch für den Kurort ein. Weil sich das Unternehmen gewinnbringend entwickelt hatte, führte man große Umbauarbeiten durch.

Seit 1907 durfte Schönfließ als einzige Stadt in der Neumark den Namenszusatz “Bad” tragen und hieß seitdem also Bad Schönfließ. 1909 hat sich ein Kurverband gebildet, der zuerst die Kurstätte gepachtet und dann gekauft hat. Dem Verband gehörten z. B. an: Dr. Nicks, Dr. Scheffler, Neubauer, Busse, Billerbeck, Streichan, Muhlert, Dr. Berkner und Gerbsch, der die Administration übernommen hatte.
Wenige Jahre später  kamen die Zeiten des ersten Weltkrieges, die jedoch vorübergingen, ohne Schaden anzurichten und der Kurbetrieb war sehr hilfreich bei der Wiedergenesung der Verletzten.
In dieser Zeit wurde viel über die Kurstätte spekuliert. Am 4. April 1919 hat sie Hr. Haack aus Pyritz für 60.000 Mark erworben, und schließlich kaufte sie am 15 März 1921 der Kreisverband der Krankenkassen Königsberg/Nm., Friedeberg, Arnswalde  und Schwiebus und übernahm die Kurstätte am 28. Juli. Der neue Inhaber begann trotz Inflation, den gesamten Betrieb umzubauen. Es wurde eine Etage hinzugefügt, was  die Kurpatientenzimmer vergrößert hat, dazu wurde ein Speisesaal mit Küchenräumen errichtet und zum Schluss noch ein Maschinenraum mit Wäscherei. Ende der 20er Jahre wurden die Innen- und Außeneinrichtung ausgebessert und ausgebaut.

Der Betrieb der Kurstätte nahm großen Aufschwung. Erneute Untersuchungen des Moores 1933 haben sehr hohen Anteil an wirksamen Bestandteilen ergeben, die denen anderer Kurorte nicht nachstanden. Der Moorkurort in Bad Schönfließ wird immer bekannter nicht nur in der Region, sondern auch in Berlin und ganz Deutschland. Es werden Werbeprospekte herausgegeben, die Behandlungen und Erholung im Kurort anbieten, Ansichtskarten mit Bildern der Kurstätte und der Stadt werden verbreitet.
Die Zeit der Kurbehandlungen fing durchschnittlich Mitte April an und endete im Oktober. Die Ärzte der Kurstätte waren: Dr. Nicks und Dr. Schneider. Als langjährige Ärzte beaufsichtigten sie die Bäder und die Heilmittel. In Bad Schönfließ wurden behandelt: Rheuma jeder Art, Lähmungen und Schmerzen, die bei einer Entzündung der Nervenden vorkommt, Gicht – nach der akuten Phase, deformierte und versteifte Gelenke jeder Art. (auch nach einem Unfall), Frauenkrankheiten, Blutarmut, Anämie, allgemeine Schwächezustände.

Bild 4

Wie in vielen Kurorten war auch in Bad Schönfließ zu beobachten, dass die meisten Patienten mit Rheuma und Gichtbeschwerden anreisten. Es kam nicht selten vor, dass Schwerkranke mit Rollstühlen ankamen, nach vier bis sechs Wochen Moorbäder wurden sie gesund und lebenslustig.
Das Leben der Kurgäste bestand aber nicht nur aus Moorbädern; es gab auch Unterhaltung und Erholung. Zum Spaziergang luden schön angelegte Wege im Park und auf der Promenade entlang der Stadtmauer und am Ufer des Sees ein. Es wurden Rundfahrten auf dem Stadtsee mit Booten, Kanus, Segelbooten organisiert – dazu diente eine Anlegestelle und Wassersportgeräteverleih in der Bucht beim Kurhaus. Wanderfreunde konnten ohne große Probleme und Anstrengung die in der Nähe liegenden Buchenwälder und das Joaniterschloss als Perle der Umgebung erreichen. Konzerte, Tanzabende und andere Attraktionen zogen auch Tagesgäste an.
Die Unterbringung der Kurgäste erfolgte zum Teil im Kurhaus und zum Teil in privaten Zimmern, worauf die Stadtbewohner vorbereitet waren. Es gab auch zwei Hotels: Guhde`s Hotel und Kaiser Hotel. Im Kurhaus standen 35 Gästezimmer mit 58 Betten zum Verfügung.

Bild 5

Bad Schönfließ ist an der Bahnstrecke  Jädickendorf – Pyritz gelegen.  Jädickendorf war die Endstation der Bahnverbindung aus Berlin und Zwischenstation der Strecke Stettin-Küstrin. Auch aus Königsberg und durch Schönfließ weiter nach Soldin fuhren zwei Mal täglich Postwagen. Kranke, die mit den Hotelfahrzeugen nicht transportiert werden konnten, wurden nach rechtzeitiger  Benachrichtigung, vom Bahnhof mit komfortablen Rollstühlen gefahren. Jeder Zeit standen Leihfahrzeuge zur Verfügung. Der Aufschwung der Kurstätte endete 1945 nach dem 2.Weltkrieg. Der Betrieb unterlag nun einer zentralen Verwaltung in Polczyn Zdrój (Bad Polzin). Die Filiale Bad Schönfließ leitete zuerst Herr Muter und ab 1946 ein Hauptmann Jankowski. Die Behandlungen übernahm der Arzt Dr. Raczek und das Personal betrug ca. 30 Personen. Nach dem Krieg war das Interesse für den Kurort aber sehr gering. Auch der Personalkonflikt zwischen Hauptmann Jankowski und dem damaligen Bürgermeister von Schönfließ wirkte sich stark auf die vorzeitige Schließung des Betriebes und den Verlust des Status als Kurstadt aus. 1948 wurden die Heilbäderanlagen abgebaut und nach Bad Polzin transportiert, dorthin zogen auch der Arzt Dr. Raczek und Hauptmann Jankowski.
Ab 1949 wurden in den Räumlichkeiten des ehemaligen Kurhauses Ferien für Studenten, vor allem ausländischer Herkunft organisiert, danach auch für Arbeiter aus verschiedenen Betrieben. Im Jahre 1953 wurde hier Sozialhilfehaus eingerichtet, das bis zum heutigen Tag e in Betrieb ist.

(Aus dem Polnischen übertragen von Barbara Lüdecke und Heiko Walther-Kämpfe)
Der Text erschien im Jahre 2007 in zwei Teilen in der in Chojna (Königsberg/Nm.) erscheinenden Wochenzeitung “Gazeta Chojenska”. Der Autor ist Mitglied des Vereins “Stowarzyszenie Przyjaciól Ziemi Trzcinskiej” (Verein der Freunde des Schönfließer Landes). Inzwischen gibt es zwischen Bad Freienwalde und Bad Schönfließ rege Kontakte - und damit auch Unterstützung für die Hoffnung, dass die Stadt ihren einstigen Kurstadtstatus wiedererlangen könnte.