Vom Königsretter zum Standesherrn auf Quilitz

Brandenburg - Landkreis Märkisch-Oderland (MOL)

 

Fred Nespethal

 

250. Jahrestag der Schlacht von Kunersdorf als Thema für eine Sonderausstellung im Dorfmuseum Alte Schule in Neuhardenberg ? Welchen Bezug hat Neuhardenberg dazu? Drehen wir das Rad der Geschichte 250 Jahre zurück. Man schrieb das Jahr 1759.

In Preußen regierte seit 19 Jahren König Friedrich II. Auf dem Gut Essenrode im damaligen Kurfürstentum Hannover wuchs der am 31. Mai 1750 geborene Karl August von Hardenberg heran, der ab 1814 Standesherr und Namensgeber unseres Heimatdorfes Neuhardenberg wurde.

Im 1348 erstmalig erwähnten Quilitz, mit rund 800 Einwohnern dem größten Dorf des Kreises Lebus, war 1759 Carl Albrecht, Markgraf von Brandenburg-Sonnenburg Standesherr. Den seit drei Jahren tobenden Krieg zwischen Preußen und Österreich bekamen die Quilitzer hautnah zu spüren als am 20.August 1759 russische Kosaken plündernd auftauchten. Diese hatten acht Tage vorher am 12. August 1759 als Verbündete der Österreicher an der Schlacht von Kunersdorf (heute Kunowice) teilgenommen, in der die Preußen eine vernichtende Niederlage erlitten.

Zu den 49.000 Mann starken preußischen Truppen gehörte auch ein gewisser Joachim Bernhard von Prittwitz, damals Rittmeister der Zieten- Husaren. Dieser rettete mit Resten seiner Schwadron den geschlagenen und verzweifelten König Friedrich II. („Alles ist verloren ... Adieu für immer. ") vor der drohenden Gefangennahme durch russische Kosaken. Als Dank des Königs für diese mutige Tat erhielt der „Königsretter" nach Ende des Siebenjährigen Krieges am 18. April 1763 die Standesherrschaft Quilitz-Rosenthal geschenkt.

Das war für uns als Heimatverein Neuhardenberg Anlass, am 17. März 2009 in unserem Dorfmuseum „Alte Schule" eine Ausstellung „Vom Königsretter zum Standesherrn auf Quilitz" zu eröffnen. Daran nahm als Nachfahren des „Kunersdorfers" (-Prittwitz) der Vorsitzende des Prittwitzschen Familienverbandes, der Oberstleutnant a. D. der Bundeswehr Christian v. Prittwitz, der 1991 zur Ehrenwache bei der Überführung des Sarges Friedrich des Großen nach Potsdam - Sanssouci gehörte, und Prof. Volker v. Prittwitz von der Freien Universität Berlin teil. Unter den vielen Gästen waren u. a. auch die Amtsdirektorin Frau Dr. Grit Brinkmann, Bürgermeister Mario Eska, Hans-Georg von der Marwitz aus Friedersdorf, Heinrich von Oppen aus Altfriedland, Vertreter der polnischen Partnerstadt Mysliborz, GerdUlrich Herrmann, Leiter der Gedenkstätte Seelower Höhen und Vertreter umliegender Geschichtsvereine. Weitere Nachfahren des „Königretters" aus Nowosibirsk in Sibirien, Berlin, Essen und Krefeld besuchten bisher die Ausstellung.

Wer war nun dieser Joachim Bernhard von Prittwitz? Geboren am 3. Februar 1726 auf Gut Laserwitz, Niederschlesien, entstammte er einem alten schlesischen Adelsgeschlecht, das viele bekannte Militärs hervorbrachte. J. B. v. Prittwitz diente von 1741 sein ganzes Leben vom Kadetten bis zum General in der preußischen Armee bei den Dragonern (zeitweise in Schwedt, Wriezen und Freienwalde stationiert), den Zieten-Husaren, war General-Inspekteur der Märkischen und Magdeburger und Kommandeur des Berliner Regiments „Gensdarmes".

Das Leben des Joachim Bernhard von Prittwitz (1726 - 1793) - Kopie aus dem Familienarchiv.)Die Grabtafel von Joachim Bernhard von Prittwitz und seiner Frau Maria Eleonore in der Kirche zu Neuhardenberg

Als solcher musste er auch einmal schlichtend eingreifen, als einige seiner jungen Offiziere unter Leutnant von Oppen am 30.Juli 1786 in Freienwalde alkoholisiert ran­da­lie­rend den Gottesdienst störten. Bis zum Tode des Königs am 17. August 1786 gehörte Prittwitz zu den privilegierten Männern um den „Alten Fritz" in Potsdam - Sanssouci.

Als Dank an den König für die ihm erwiesenen „Auf­merk­sam­kei­ten" ließ der General im Schlosspark von Quilitz 1792 das erste Denkmal für Friedrich den Großen 1786 errichten. Joachim Bernhard von Prittwitz starb am 4. Juni 1793 in Berlin und wurde am 9. Juni in der Kirche von Quilitz vor dem Altar beigesetzt. Seine 1799 verstorbene Gattin ruht dort an seiner Seite.

Wenn Joachim Bernhard von Prittwitz auch in erster Linie als preußischer Militär in vielen Schlachten kämpfte, zumeist in Berlin wohnte oder sich beim König in Potsdam aufhalten musste, so hatte er doch 30 Jahre von 1763 bis zu seinem Tode 1793 die Pflichten eines Standesherrn in Quilitz zu erfüllen.

Das Gut mit den Vorwerken Neu-Rosenthal, Neufeld und Marienfeld umfasste immerhin 3.304 Morgen Acker- und Weideland, wurden 1771 dort 496 Pferde, 454 Rinder und viele Schafe gehalten.

Verantwortung trug der Standesherr auch für die Untertanen in den Dörfern. Allein in Quilitz besaßen diese in 69 Hofstellen 4 159 Morgen Acker und 2 028 Morgen Weide. Nach der um diese Zeit durchgeführten Separation (Trennung und Neuaufteilung von Guts- und Bauernland) stieg der Wert des Prittwitzschen Besitzes von 79.000 auf 174.114 Taler. Diese Separation zu Gunsten des Standesherrn schmeckte vielen Untertanen gar nicht. Auf ihre Beschwerde beim König soll dieser nach Fontane mit erhobenen Krückstock geantwortet haben: "Also ihr Quilitzer wollt euch nicht separieren, dann bleibt mir nichts weiter übrig, als euch selbst zu separieren! "

Ärger hatte der damalige Standesherr auch mit 11 Quappendorfer Fischern, die keine Abgaben und Frondienste mehr leisten wollten. Als aller polizeilicher und militärischer Einsatz nicht half, musste der Obrist-Lieutnant in einem gerichtlichen Vergleich vom 3. Dezember 1770 eine Niederlage hinnehmen. Von ihm stammen die noch heute gültigen Worte "Die Quappendorfer tun nie, was sie sollen".

Als Kirchenpatron ließ Prittwitz 1754 den durch Brand beschädigten Kirchturm erneuern. Auch 1764 und 1780 kam es in Quilitz und 1766 in Quappendorf zu Bränden. Zu ihrer Bekämpfung wurde 1767 eine Feuerspritze für 550 Taler anschafft, ein Jahr später ein Spritzenhaus errichtet und eine umfangreiche Feuer- und Spritzenordnung erlassen. 1764 berief der Standesherr für Quappendorf den Sohn des verstorbenen Schneiders und Schulhalter Lange, wie sein Vater auch ein Schneider, zu dessen Nachfolger. Wie aus einem im Original im Kirchenarchiv Neuhardenberg vorhandenen und in der Ausstellung gezeigten Dokument vom 23.Oktober 1782 ersichtlich, berief er Georg Friedrich Pracht zum „Cantor, Organisten, Küster und ferner zum Schul Halter" also auch als „Lehrer" für 200 Kinder. Den Stand der Schulbildung der einfachen Leute zur damaligen Zeit zeigt, dass 1786 das Untertanenregister von 97 Quilitzern nur 34 mühsam mit ihrem Namen unterzeichnen konnten, 63 dagegen mit XXX.

Im Herrschaftsbereich ließ Prittwitz besonders ab 1772 das Gelände um das alte „Ambts Haus" umgestalten und neue Wirtschaftsgebäude errichten.

Erst 1785-1790 ging er an den Bau eines Schlosses als einstöckige Dreiflügelanlage mit Mansarddach. Nach Fontane soll der König dazu bemerkt haben: "Prittwitz, er baut ja ein Schloß, er will ja hoch hinaus ".

Um 1790 wurde mit der Umgestaltung des Barockparks in einen Landschaftspark begonnen, wo auch zwei Jahre später das Denkmal für den verehrten und verstorbenen König seinen Platz fand.

Nach dem Tode von Joachim Bernhard von Prittwitz am 4.6.1793 mussten die Quilitzer Untertanen nach „30 Jahren Generalsherrschaft" ihren Treueeid erst auf die Frau, dann am 13.2.1797 auf den Sohn des Verstorbenen, einen Königlichen Finanzrat, also „Nichtmilitär", Friedrich Wilhelm Bernhard von Prittwitz als Erben der Gutsherrschaft Quilitz -Rosenthal leisten.

Bis zu seiner Rückkehr 1811 in die schlesische Heimat ließ er das 1801 abgebrannte Dorf in seiner heutigen Gestalt wieder aufbauen, holte Karl Friedrich Schinkel nach Quilitz, nach dessen Plänen das Molkenhaus Bärwinkel und die durch den Brand zerstörten repräsentativen Bauten wie die Kirche, Schul- und Pfarrhaus wieder errichtet wurden.

Unser Heimatverein Neuhardenberg e.V. hat seit Jahren enge freundschaftliche Kontakte zum Prittwitzschen Familienverband, besonders zu Ulrich von Prittwitz - Gaffron in Regensburg. Anlässlich des 3. Geschichtsforum Neuhardenberg am 31.August 2003, in der Dokumentation "Die Prittwitz -Ära 1763 bis 1811 in Quilitz / Neuhardenberg" und weiteren Veröffentlichungen sowie durch die am 17. März 2009 eröffnete Sonderausstellung „Vom Königsretter zum Standesherrn auf Quilitz" haben wir das Leben und die Leistungen der beiden Prittwitzschen Standesherrn und ihrer Untertanen dargestellt.

1814 begann dann für die jetzt Neu-Hardenberger die bis 1945 währende Herrschaft der Familie von Hardenberg, von Karl August Fürst von Hardenberg bis Carl-Hans Graf von Hardenberg als Standesherrn.

 

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